Guten Tag Gero und Steinmarder
Zuerst möchte ich mich bei Euch bedanken, für die ehrlichen Worte über Eure Problemchen mit den Lockentieren. Denn auch wenn es nicht immer so scheint, haben ja doch die meisten Hundebesitzer so ihre Baustellen mit ihren Vierbeinern. Und Hund ist nun mal nicht gleich Hund bzw. jedes Tier ist ein Individuum und hat absolut seinen eigenen Charakter. Eure scheinen ja so richtige Powerpakete und Rennsemmeln zu sein
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Beim Durchlesen der vielen Posts ist mir vor allem aufgefallen, dass Ihr sehr viel über Gehorsam schreibt (Sitz, Platz, Fuss usw.), aber das eigentliche Problem ja vor allem der Alltag mit Euren Hunden ist, weil sie kaum mehr zu bremsen sind und sich so ein bisschen "verselbständigt" haben und Euch täglich in aller Herrgottsfrühe wecken (geht ja gar nicht). Weiter schreibt Ihr oft, dass Euer Hund halt nicht will und einfach auf stur stellt (hier dazu ein super guter Blogeintrag, wie ich finde
http://pfotenblog.blogspot.ch/2016/02/will-nicht.html). D.h. für mich, dass Ihr irgendwie nicht mehr so richtig zu Euren Hunden durchdringen könnt.
So aus der Ferne macht es für mich als Leser den Eindruck, wie wenn Eure Hunde auf dem Schirm hätten, dass die "Olle" irgendwie oft etwas komisch drauf ist, dauernd mit Kommandos um sich wirft, man ihr irgendwie nicht so richtig Vertrauen kann und es somit mir ihr nicht so viel Spass macht. So zumindest kommt es mir beim Lesen Eurer Texte vor. Gerade wenn der Hund sich wirklich bei fast jeder Aktion im Haus lieber verziehen will, ist das für mich schon ein Signal, das doch mit dem Vertrauen etwas nicht ganz i.O. ist. Also Inuk verzieht sich auch, wenn ich mit der Zeckenzange komme, doch sonst bei Sachen, die ihm etwas unangenehm sind, da kommt er einfach und lässt es über sich ergehen. Doch vielleicht wurde bei Euch diesbezüglich wirklich auch schon Zuviel Tamtam um diese Themen wie Geschirr anziehen usw. gemacht. Bei solchen Alltagssachen bin ich grundsätzlich auch gegen das Locken. Da muss man selber einfach die Einstellung haben, dass das jetzt halt täglich sein muss und darauf muss sich dann ein Hund auch einstellen können. Ich kenne aber sehr viele Hunde, die einfach ein Problem mit dem Anziehen des Geschirrs haben. Da würde ich aber wirklich einen auf Augen zu und durch machen.
Das unsere Gesellschaft aber immer mehr unter Kontrollzwang leidet, hat sich leider auch auf den Alltag unserer Hund ausgewirkt. Anstatt das Leben unseres Welpen/Junghundes möglichst einfach zu halten und ihm so zu ermöglich, möglichst das Richtige zu tun, verkomplizieren wir mit unseren Ansprüchen einfach alles nur. Wenn der Welpe kommt auf Befehl, dann soll er sich noch vor uns hinsetzen und bevor er abgeleint wird, soll er sich auch noch hinsetzen und uns noch anschauen und wenn er das nicht tut, dann wird er halt nicht abgeleint, obwohl der arme Kerl gar nicht weiss, warum denn jetzt nicht und schon haben wir die Unsicherheit und den Triebstau und dem Hund stinkt es, weil es ja keinen Spass macht. Wenn er jetzt aber angerannt kommt und ich gebe ihm sofort und nur für das Kommen ein Leckerli und dann darf er auch gleich wieder los, dann kommt er immer wieder gerne. Z.B. auch rennt der Welpe mit Spielzeug im Fang um uns herum und anstatt mit ihm mitzurennen und zu toben, machen wir möglichst schnell einen Tauschhandel, damit er das "Aus" lernt, dabei ist doch das toll, wenn er freudig etwas trägt, darauf kann man nachher wunderbar aufbauen und schöne Übungen zusammen machen. Und wenn er immer gleich alles wieder "Aus" geben muss, dann macht das doch sehr schnell keine Freude mehr. Zuerst muss doch mal die Freude an der Sache vorhanden sein und zwar absolut ohne Druck. Und das muss im Welpen-/Junghundealter passieren. Denn wenn der Hund einmal auf dem Schirm hat, dass das Frauchen eh nur langweilig und meistens komisch drauf ist, dann wird es so richtig schwierig. Denn was soll ihn dann noch motivieren, mit uns etwas zu machen und zu kooperieren??????
Dann kommt noch die Sache mit dem Sofa (wobei das in einem anderen Thread angesprochen wurde). Also grundsätzlich kann ich persönlich mir ein Leben ohne Pudel auf dem Sofa gar nicht mehr vorstellen. Es gibt nichts Schöneres als Kontaktliegen mit dem Pudeltier und auf dem Sofa ist das soviel bequemer als auf dem Boden oder Teppich und man kann es stuuuuuuundenlang praktizieren. Aber das ist natürlich Ansichtssache und muss jeder für sich selber entscheiden. Aber trotzdem sind natürlich solch INTENSIVE Kuschelstunden für eine gute Bindung einfach unabdingbar. Und mal ein kurzes über das Fell streichen oder mal 5 Min. ein bisschen "Schmusen", ersetzt ein Kontaktliegen, wo dann auch über lange Zeit absolute Ruhe herrscht in keiner Weise. Denn nur so sinkt der Cortisolspiegel auch nachweislich und der Hund kommt zur Ruhe. Klar, das passiert auch, wenn er sich selber zum Schlafen und tiefen Entspannen hinlegt, aber es trägt dann halt nichts zur besseren Bindung bei.
Wenn Ihr Eure Hunde so beschreibt, dann kommt es mir so vor, wie wenn sie irgendwie nicht so richtig wüssten, wohin mit sich selber. Sie machen auf mich von der Beschreibung her einen gestressten Eindruck. Vielleicht liegt das ja gerade daran, dass Ihr zu viel von Ihnen wollt und sie aber zu oft nicht verstehen, was denn genau sie machen sollen. Hunde verstehen ja oft nur im Kontext und man tut ihnen wirklich unrecht, gerade in diesem jungen Alter, wenn man sagt, dass sie einfach nicht wollen. Hunde können oft erst generalisieren, wenn sie etwas x mal an x verschiedenen Orten mit x beliebiger Stimmung widerholt haben. Für uns ist eine Übung so klar, für den Hund aber oft noch lange nicht. Bitte tut Euren Hunden nicht unrecht.
Ich weiss jetzt gar nicht mehr, ob einer der Hunde kastriert ist oder sogar beide. Hier kommt dazu, dass der Jagdtrieb auch der Hütetrieb bei einigen Hunden nach der Kastration stark zunimmt, weil ja der Fortpflanzungstrieb weg ist und sie sich auf dem Spaziergang eine andere Beschäftigung suchen, weil sie ja nicht mehr so interessiert an den Gerüchen der Artgenossen sind. Auch ist es ja so, dass bei frühkastrierten Hunden das Hirn usw. nicht mehr gleich reift und man ihnen nachsagt, dass sie dann immer so schön "verspielt" bleiben würden. Ich würde eher sagen, dass sie sich oft weniger unter Kontrolle haben und sich nicht so "spüren", wie eben Jugendliche halt so sind. Deshalb finde ich es schlecht, wenn man die Hunde nicht zuerst erwachsen werden lässt.
Also ich an Eurer Stelle würde jetzt mal einige Schritte zurück gehen und erst mal den Alltag in den Griff bekommen, bevor ich mir über Sitz, Platz und Fuss Zu viele Gedanken machen würde. Zuerst würde ich mir mal überlegen in welcher Umgebung, in welcher Situation, unter welchen Bedingungen Euer Hund überhaupt fähig ist, sich auf Euch ein zu lassen. Dann müsst ihr unbedingt etwas finden, was dem Hund entspricht und ihm total Spass macht mit Euch zusammen. Da muss man bei einigen Exemplaren etwas durchbeissen. Inuk war auch nicht von Anfang an für jedes Spiel und Suche usw. zu begeistern. Da muss man schon viel Geduld und Einfühlungsvermögen haben. Und vor allem muss der Aufbau in einer völlig reizarmen Umgebung und in völliger entspannter Stimmung stattfinden (gerade bei solchen Exemplaren). Denn sonst ist ein Lebewesen nicht fähig zu lernen und zu entspannen. Mit dem Spielen konnte ich Inuk auf den abgemähten Wiesen irgendwann kriegen. Es muss ja überhaupt nichts dabei rausschauen. Einfach nebeneinander her rennen, vielleicht mit einem Spielzeug, das der Hund im Fang hält und ihr es vielleicht an der Schnur. Dann mal loslassen und den Hunden wieder damit sausen lassen und dann wieder davon rennen, usw., usw. Oder vielleicht auch eine gemeinsame Suche an der Leine nach dem Futterbeutel. Das braucht alles z.T. eine lange Phase, bis es dann wirklich richtig Spass macht. Da muss man schon hart dranbleiben, gerade wenn der Hund schon mehrere Monate alt ist. Da dauert das natürlich länger als bei einem Welpen/Junghund.
Im Alltag zu Hause würde ich aber dem Hund durch Handeln und nicht Reden klar machen, dass gewisse Sachen einfach nicht gehen. So kann man ja nicht zusammen leben, wenn man täglich zu Unzeiten geweckt wird. Handeln heisst für mich, dass ich den Hund eventuell in eine Box tun würde, wenn er zu Unzeiten mich weckt. Ohne Kommentar aber ganz bestimmt und ohne schlechtes Gewissen. Wenn er mich im Garten so massiv anrempeln würde, dann würde ich ihn anleinen und ins Haus bringen und dann käme der auch nicht so schnell wieder raus. Das geht doch nicht. Aber mal ein Spiel zusammen, wo es mal etwas wilder zu und her geht, dass macht vielen Hunden sehr viel Spass und fördert die Bindung ungemein.
Ich wünsche Euch auf jeden Fall, dass Ihr bald wieder ganz viel Spass zusammen habt und sich der Alltag wirklich wieder etwas entspannt. So ist es ja doch irgendwie stressig und auch negativ behaftet für alle. Ihr schafft das ganz bestimmt. Schaut Euch Eure Hund an und denkt, dass sie grundsätzlich nichts Böses wollen. Macht ihnen den Alltag einfacher und entspannter und schaut, dass sich nicht durch "unnötige" Befehle Zuviel Trieb/Stress anstaut.