Bailadora hat geschrieben:Wow, was ist denn hier los? Aber kein Wunder, dass die Wogen hoch schlagen: Hunde sind ein sehr emotionales Thema, weil sie uns so nahe sind.
Ich kann mit Dir einerseits gut mitfühlen, denn Kinu, mein erster Hund, ist auch ein großer Jäger vor dem Herrn. Obwohl wir eine gute Bindung haben, haut er auf Spur manchmal ab und ist 2,3, 5 aber auch 20 Minuten weg, letzthin waren es drei Stunden - das geht gar nicht. Also was tun? Ein Elektrohalsband kommt natürlich nicht in Frage, das ist Folter und verboten und extrem gefährlich: Ruckzuck ist der Hund seelisch kaputt. Aber auf ein Sprühhalsband habe ich meine Trainerin auch schon angesprochen. Ihre Antwort: Gehört in die Hände von Profis, da das Timing extrem wichtig ist und das Risiko sehr groß, den Hund dauerhaft zu traumatisieren. Und sie lehnt solche Hilfsmittel eh ab.
Ich dachte anfangs auch, Kinu kann doch nicht ewig an der Schlepp laufen, er muss doch frei rennen und braucht unbedingt andere Hunde zum Toben. Das ist aber nicht so: Je enger unser Verhältnis wurde, desto mehr sind mir zwei Dinge klar geworden: Erstens: Dieser Hund ist ein Jäger und wird immer einer sein. Es ist das, was ihn ausmacht, der Kern seines Wesens. Er ist mutig, mental stark und eigenständig - und ich mag ihn genau so, wie er ist, mit Jagdtrieb und allem. Denn weil er so ist, bleibt er problemlos alleine, ist zu allen Menschen freundlich, hat vor nichts und niemanden Angst, wartet entspannt im Auto, kann überall hin mit. Das Jagen ist die Kehrseite diese Medaille, das muss ich in Kauf nehmen. Denn Antijagdtraining wäre AntiKinutraining.
Also Schleppleinentraining und Impulskontrolle. Ja, das ist mühsam und dauert 6 bis 12 Monate und eventuell hat es dann doch nichts genützt. Aber vielleicht hilft es ja. Und Kinu stört es nicht: Für ihn sind andere Hunde und Rennen und Toben nett, aber zu seinem Glück braucht er seinen Menschen, alles andere ist zweitrangig und verzichtbar, das habe ich vorher auch nicht gewusst.
Wenn Gero auf Spielchen und Faxen nicht eingeht, dann lass es. Du musst ein vollwertiger Partner für ihn werden, an dem er sich orientiert, da bist Du ja scheint's schon auf einem guten Weg. Dass Hunde auf den Reiz sich schnell bewegender Objekte reagieren, ist ja weit verbreitet, da ist Dein Gero nun wahrlich nicht alleine.
Impulskontrolle heißt auch, mehr Ruhe in den Hund zu bringen, da sind Gruppentobestunden vielleicht nicht so geeignet.
Wenn es Dir Spaß macht, schleimige, angenagte Beutel jubelnd in Empfang zu nehmen, versuch es evtl. mit Apportierübungen: Dummytraining hat sich bei uns sehr bewährt: Wir zwei gehen zusammen jagen, Kinu lernt sich zu beherrschen, Disziplin zu halten und mit mir zusammen zu arbeiten. Wenn er auf das Kommando "Such" wartet, zittert er vor Erregung und die Freude leuchtet ihm aus den Augen. Dass eine Schlepp an ihm dran hängt, ist ihm völlig egal. Das Katzenjagen lässt er mittlerweile auch auf Kommando: Eine Folge der Teambildung, ohne Gewalt.
Um ein Team zu werden, muss man aber meiner Meinung nach den anderen so akzeptieren und wertschätzen, wie er ist. Und nicht versuchen, etwas anderes aus ihm zu machen.
HG und toitoitoi, Anja