Was ist Führung?

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Moderator: Judith

Rohana
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Rohana »

Pat hat geschrieben:
Do Jun 23, 2022 10:46 am
Meine Trainerin meinte letztens in der Gruppen(therapie)stunde, als Bobby mich unentwegt anstarrte, dass ich das nicht bestätigen soll. Woraufhin die anderen Teilnehmer alle meinten "aber das ist doch was gutes!" "WIR üben das doch extra". Sie hat daraufhin erklärt, dass in unserem Fall aber eine (extreme) emotionale Abhängigkeit vorliegt, die eben so Probleme wie das Alleinelassen und Co befeuern.
Bobby achtet viel auf mich (oder seine anderen engen Bezugspersonen). Er kommt immer mit. Er ist folgsam und nur nach einem kurzen Blick aufmerksam und "bereit". Das hat aber nichts mit meiner Führung zu tun. Das kommt von "innen" bei ihm. (Und damit will ich nicht sagen, dass er ein geborener Musterhund ist, im Gegenteil. Es ist oft praktisch, ja. Aber es ist auch oft ungesund.)
Das ist mal wieder ein gutes Beispiel dafür, dass es die eine Wahrheit im Training/in der Erziehung nicht gibt. Man muss immer sehen, was der Hund mitbringt und auch wie der Mensch tickt. Einen extrem außenorientierten und hibbeligen Hund wie Mika belohne ich für jedes zu mir schauen, für jedes ruhige sitzen oder rumliegen. Einen ruhigen Hund muss ich fürs Rumliegen nicht noch füttern. Und einem Bobby oder Pepe muss ich eher Gelegenheit geben, zu erleben, dass Frauchen nicht 'das goldene Kalb' ist, um das es zu tanzen gilt. So wie Pepe im Hunsrück lernen konnte, dass er auch mal mit mir gehen und ein kleines Pipi machen konnte :streichel: - ein winziger Schritt, ihn ein bisschen abzunabeln.
Liebe Grüße von
Christiane, Mika und Shari

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Tanja aus Haan
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Tanja aus Haan »

txakur hat geschrieben:
Do Jun 23, 2022 12:05 pm
Vielleicht muss ich das einfach noch mal präzisieren:
"Der Hund hat die Freiheit zu tun, was immer er will" meint eigentlich: ich habe keine reale Möglichkeit der physischen Einwirkung, es sei denn, der Hund genehmigt mir diese. Vulgo: der Hund springt frei um mich rum, vorzugsweise ohne Halsband oder Geschirr (was i. d. R. im Hirn des Tieres mit der Ausübung von Macht verknüpft wird. Pferde sind sich total bewusst, ob sie ein "Einwirkungsmittel" (Halfter, Trense...) umhaben oder nicht und die meisten machen auch einen Unterschied zwischen den verschiedenen Ausrüstungsgegenständen, die sie tragen. Bei Assistenz- oder sonstigen Arbeitshunden ist das ja auch so, da steht ein bestimmtes "Kleidungsstück" für eine bestimmte Aufgabe). Er könnte mir einfach eine lange Nase zeigen und sagen "da ist das Karnickel, ich komm dann später wieder" oder "ich hab' die Nase gestrichen voll von Dir, ich geh jetzt woanders hin" so.

Der gesamte Satz beschreibt also eine Art Idealzustand. Real setzen wir den Tieren ständig Grenzen. Durch Türen, Leinen oder eben auch einfach dadurch, dass wir ihnen ein Halsband umlegen, was bei ihnen als "jetzt ist Arbeitszeit, jetzt hat der Mensch das Sagen" verknüpft ist. Manchmal auch - wie bei Bobby (Pepe und ich haben übrigens die gleiche Baustelle, denke ich) - durch Eigenschaften, die wir (also Hund & Mensch) schon mitbringen oder auch unbewusste Förderung bestimmter Verhaltensmuster (ich denke eigentlich ständig darüber nach, woran das eigentlich liegt, dass Pepe so auf mich fokussiert ist und was ich hätte tun können oder jetzt noch tun kann, um ihm mehr emotionale Unabhängigkeit zu ermöglichen).
Nox liebt es nach wie vor und immer immer wieder sehr, durch den Garten und die Garage, über den Garagenhof ins kleine Wäldchen oder zum Auto zu flitzen oder auf gleichem Weg die Mülltonnen an den Straßenrand zu stellen/zurückzuholen.
Helga darf das inzwischen auch und liebt es ebenfalls.
Mir ist noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass das Nackigsein dabei eine Rolle spielen könnte.
Guter Gedanke. 👍 Könnte.
Andererseits möchte ich behaupten, dass sich Nox beim Spaziergang mit Halsband genauso frei fühlt. Und Helga wäre sicher (noch nicht getestet) auch nackig beim Spaziergang nicht frei.
Viele Grüße aus dem Rheinland
Tanja mit GP Nox (*3.10.18) und Helga (*14.3.14)

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Pat
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Pat »

txakur hat geschrieben:
Do Jun 23, 2022 12:05 pm
Er könnte mir einfach eine lange Nase zeigen und sagen "da ist das Karnickel, ich komm dann später wieder"
Ah, Du meinst: Er könnte alles tun was er will, aber er tut (lieber) das was was ich möchte?
Ich las das eher als ein "Und", aber wenn es ein aber ist, dann stimme ich Dir zu.

Und ja Christiane, genauso ist es. Das deckt sich dann aber ja auch mit Katjas Herleitung aus dem beruflichen Kontext, in dem die Führungskraft in der Lage ist (sein sollte) die individuellen Stärken/Schwächen/Eigenschaften zu erkennen, herauszufiltern und entsprechend zu fördern (oder aber auch mal zu "unterdrücken").

Halsband vs Nacktsein ist sicherlich auch einfach Gewöhnungssache. Bobby war noch nie ohne Halsband draußen, nicht für 5 Minuten. Ich hab immer Angst, wenn keine Marke dran ist :oops: . in 3 Wochen Angelurlaub am See war er nicht eine Minute an der Leine, aber auch keine einzige ohne Halsband. Dafür weiß er natürlich den Unterschied zwischen Leine und keiner Leine.
Sogar bei Freunden im Garten bleibt das Halsband dran, ich habe immer Angst, dass er mal abhanden kommt. Eigentlich bekloppt, zumal er ja sicherlich im Garten bleibt, solange wir da sind.
Pat mit Großstadt-Kleinpudel Bobby ♡
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Annitante
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Annitante »

Ich möchte noch einwerfen, dass nicht nur wir Menschen den Hund begrenzen. Auch Hunde begrenzen sich untereinander. Mir wird viel zu oft das Grenzen setzen in einem negativen oder dominanten Kontext gelesen. Letztlich bedeutet es für mich: die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die des Nächsten beginnt. Wo das ist, ist variabel, individuell.

Was können wir für die Führung aus der innerartlichen Kommunikation ableiten?
Anne mit Einstein

Any day spent with you is my favorite day. So today is my new favorite day.

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Hauptstadtpudel
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Hauptstadtpudel »

Absolut.
Die Hunde regeln so vieles über den Raum.
Das bildet den Rahmen, in dem sich der Einzelne bewegen darf.

Das übernehmen ja schon viele Zweibeiner.

Bolle war von dem Raum vor mir und den damit verbundenen Aufgaben überfordert.
Die Zuweisung des Raumes neben und hinter mir brachte ihm Entspannung.

Jella saust wie ein aufgezogenes Bienchen los, wenn ich ihr den Raum vor uns mit einem "Ab" frei gebe.
Liebe Grüße von Katja mit Bolle im Herzen & Jella an meiner Seite

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Pat
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Pat »

Mit räumlicher Begrenzung hab ich totale Schwierigkeiten. Also vor allem mit der 'unterschwelligen' sag ich mal. Ihn blockieren wenn er an der Leine ziehen möchte oder so mein ich nicht, sondern andere, weniger plakative Situationen.
Es gibt viele Situationen in denen wir uns den Raum teilen, ich persönlich bin aber auch jemand der wenig Raum für sich braucht bzw in Anspruch nimmt. Also auch in zwischenmenschlichen (engen) Beziehungen.

Aber unabhängig davon: ich glaube Raumansprüche und Begrenzung sind sicherlich Aspekte von Führung, aber nicht unbedingt ein Zeichen dessen. Also nicht jeder der Raum für sich beansprucht hat die Führung übernommen.
Pat mit Großstadt-Kleinpudel Bobby ♡
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Hibbelinos
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Re: Was ist Führung?

Beitrag von Hibbelinos »

Ich geh das Thema mal globaler an:
Führung ist authentisch, der Situation angemessen, Dinge zu bemerken, zu analysieren und die Vorgehensweise vorzugeben. Aber auch in anderen Situationen Freiräume und Selbstentfaltung zuzulassen.

Unsere Hunde können tun und lassen was sie wollen, solange die Rahmenbedinungen eingehalten werden.
Draussen sehe ich die Gefahren (z.b. Strasse) und gebe ruhig und bestimmt die Verhaltensrahmenbedinungen vor.

Ich sehe immer wieder Hundehalter die nicht suverän handeln, die aufgeregt und nervös sind, überzogen oder laut reagieren - das ist keine Führung für mich und genauso wenig nehmen diese Hunde das an. Als Hundehalter bin ich ruhig, ich weis wie das leben funktioniert, ich weis um die "gefahr" und regel das in einer grundtiefen ruhe und selbstverständlichkeit. Nicht das ich das wirklich immer bin, aber ich signalisiere das für meinen Hund damit er sich auf mich und meine Lebenserfahrung verlassen kann, mir sein leben blind anvertraut. Hier muss man halt als Mensch auch viel an sich arbeiten, je nachdem wie empfindlich die Sensoren da beim Hund sind (Sam hat mich da auf ein Level gebracht :roll: )
Und so stecke ich den Radius ab in dem sie sich frei entfalten können, quasi der Safe Place.. da können sie tun ich lassen was sie wollen. Wenn ich aber sage die freie Entfaltung ist vorbei, nun stecke ich den rahmen enger, dann wird gefolgt.
Ich bitte sie auch manchmal um dinge, dann können sie selbst entscheiden - auch das finde ich wichtig. Gebe ich aber die good old scharfen kommandos, wissen sie das jetzt umgehend zu folgen ist, weil wichtig. Es gibt keine alternative zum scharfen kommando, das wird jetzt gleich und sofort umgesetzt, punkt und aus.
Genauso bin ich aber auch manchmal einfach auf ihrer höhe , spiel und kuschelkumpel. Und manchmal will ich auch einfach meinen stiefel alleine machen und meine ruhe.
Ist natürlich ein Lernprozess und manchmal wird auch hinterfragt, dann muss man das eben auch mal diskutieren und sich durchsetzen. Aber ruhig und bestimmt, ohne unglaubwürdig zu werden. Fair sein und jeden als individuum betrachten, seine schwächen stärken, vorleben erkennen und an ängsten im entsprechenden möglichen rahmen arbeiten. Ein gleichwertiges Team werden und der Teamleader sein wenn es jemanden braucht der Entscheidungen treffen muss.
Viele Grüße
Sunny mit Lu (GP, *09.07.2021)

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