Pudel lässt sich nicht mehr bürsten

[Rolf]

Hallo zusammen! Ich schreibe unter dem Account meines Mannes, da ich in meinen eigenen nicht mehr reinkomme. Wir haben ein Riesenproblem und hoffen auf Tipps von euch. Unser Kleinpudel Timbo ist 2,5 Jahre alt. Bürsten war immer ein Genuss für uns beide und ein tägliches Ritual. Vor ca. 2 Monaten habe ich dabei eine Zecke an der Pfote entdeckt, die beim Entfernen sehr schmerzhaft war. Danach liess sich Timbo nicht mehr bürsten. Er läuft weg und schaut mich mit großen Augen an.Ich habe alles versucht, gute Worte, Zwang, festhalten, ihn selbst entscheiden lassen, andere Bürste er ist in heller Panik und kratzt, hechelt, schnappt und will vom Tisch springen. Auch das Scheren war eine Katastrophe und hat 2,5 Stunden gedauert. Ganz langsam haben wir uns wieder rangetastet, er liess sich auf der Couch wieder einigermaßen bürsten, dann kam die nächste Zecke am Ohrlappen. Wieder eine falsche Verknüpfung. Jetzt sind wir wieder unter 0 und es geht gar nichts mehr. Er bleibt nicht auf dem Tisch und mit der Bürste darf ich ihn gar nicht berühren. Es ist eine Katastrophe und ich weiss mir nicht mehr zu helfen. Hat jemand sowas schon mal erlebt? Oder hat jemand einen Rat für mich? Leckerli nimmt er in dieser Situation überhaupt nicht. Vielen Dank erstmal im Voraus! Freue mich auf eure Antworten.

[Hauptstadtpudel]

Ich befürchte, da hilft nur ganz langsames wieder Aufbauen. Wie ein Medical Training.
https://www.easy-dogs.net/medical-train ... s-ist-das/

Ich würde in Zukunft es auch benennen "bürsten" und auch das Zeckenentfernen benennen "XY" (Zecke würde ich es nicht nennen, da man das Wort auch vorher schon benutzt), damit er weiß, was kommt. Wie entfernt ihr die Zecken? Vielleicht könnte man da auch noch was verbessern?
Vielleicht auch eine repellierendes Mittel gegen Zecken (z.B. Serestohalsband), damit es nicht mehr vorkommt.

[Sammy-Jo]

Vielleicht kannst du die Bürste interessant für ihn machen.
Als ob du mit der Bürste spielst vielleicht Stofftier bürsten , dich selber oder so Leckerchen auf die Bürste legen, einfach damit spielen.
Es gibt doch auch so Bürstenhandschuhe… vielleicht mit so etwas mal probieren oder dass er die Bürste gar nicht so erkennt …

Ist das „nur“ bei euch so? Lässt er das von jemanden anderes zu ?

[Sämi2]

Zecken würde ich auch im Moment der Chemie überlassen. Die Pflege würde ich in Miniminischritten über den Cklicker aufbauen. D.h. zuerst Bürste ( evtl. Neue ) beschnüffeln lassen, danach Klick und Belohnung. Dann Bürste an Körper cklick und Belohnung usw. Das Problem dieser Methode ist die lange Dauer bis zum Erfolg. Beim Pudel hat man diese Zeit meistens nicht , weil das Fell zu schnell wächst.
Die letzte Option wäre wahrscheinlich ein Hundesalon.Evtl. ist die negative Verknüpfung bei einer fremden Person nicht so heftig.

[Rolf]

Er lässt es auch von meinem Mann nicht mehr zu. Jemand anderen gibt es bei uns nicht. Bürstenhandschuh schaue ich mal. Reicht das denn bei Pudelfell aus?

[jojojojobounty]

Wie wäre es: wann immer ihr etwas Tolles macht, holst du die Bürste raus?
So haben wir das bei Emils Angst vor der Pfeife gemacht. Immer wenn wir raus gegangen sind, habe ich ihm Bescheid gegeben und er freute sich. Ich habe die Pfeife rausgeholt und er hat angefangen sich daran zu gewöhnen…

[Sammy-Jo]

Er lässt es auch von meinem Mann nicht mehr zu. Jemand anderen gibt es bei uns nicht. Bürstenhandschuh schaue ich mal. Reicht das denn bei Pudelfell aus?

Bürstenhandschuh war gedacht wegen der Wiedereingewöhnung an die Bürste.

Wie kein anderer Mensch in eurer Nähe? Kein Hundeverein, kein Trainer? Zur Not würde ich den Tierarzt mal bitten …

[Annitante]

Ich würde es auch mit einer Gegenkonditionierung versuchen. Wenn die Panik so groß ist, dann wäre ich besonders vorsichtig und würde anfangs einfach die Bürste mal auf den Couchtisch legen. Viel belohnen - gut eignen sich da Schleckerchen oder Tube, weil das schlecken an sich schon beruhigt. Aber von der Haltung her so tun, als sei es das normalste der Welt, dass da ne Bürste liegt.

Die Bürste mal selber benutzen, finde ich auch gut. Einstein mag blowern nicht so gerne. Es wird aber immer besser. Ich lasse ihn auch immer zugucken, wenn ich mir die Haare föne.

[Isi]

Ich bin nicht so für Clickern, aber das würde ich clickern!
Wenn ihr es alleine nicht hinkriegt, dann mit Trainer/-in.

Man darf gar nicht erst so im Kampf mit ihm geraten, wäre mein Ansatz.

[Pat]

Wir hatten (haben) leider ein ähnliches Problem. Von klein auf geübt wie es im Buche steht, dann ist durch eine Verletzung und Scheren in der Tierklinik und ggf sogar den etwas später folgenden Friseurbesuch das ganze Fellpflegethema komplett negativ verknüpft worden und wir standen weit unter 0. Bürsten, Scheren, ich durfte nichts mehr.

Ist denn die Bürste schon so negativ verknüpft, dass der reine Anblick reicht? Bei uns ist und war die Bürste kein Thema, egal wo sie lag. Auch 'dranhalten' ging. Aber sobald es ans kämmen ging (auch bei 0,01% 'Druck') ging der Kampf los. Er würde die Bürste auch fröhlich Apportieren, kämmen ist trotzdem was anderes

In diesem Fall hilft wirklich nur kleinschrittiges üben. Üben. Üben. Üben.
Als erstes empfehle ich zur beidseitigen Entspannung den Maulkorb! Ich habe damit nur gute Erfahrungen gemacht, durch sein wildes Geschnappe hatten wir ohne Maulkorb beide immer einen Puls von 200. Wichtig ist, dass der Maulkorb hier nicht als Mittel zum Zwang eingesetzt wird, auch nicht in eurem Mindset (!) und natürlich sollte er vorher schon dran gewöhnt sein.
Dann unbedingt viel Zeit nehmen, Geduld haben und alles ganz liebevoll machen. Ich ignoriere das Schimpfen komplett, maßregel nicht, aber lobe jeden Sekundenbruchteil in der er still hält. Und wenn ich merke, ich schaffe das nervlich nicht (denn ja, es nervt), breche ich ab. Bloß keine negativen Emotionen, das überträgt sich sofort.

Und wenn möglich natürlich anfangs viel tolles Futter/Schleckzeug in den Hund.
Pasten, Kauzeug und Leckerli hat Bobby beim Frisieren immer verweigert, aus dem Maulkorb frisst er inzwischen auch währenddessen.

Ich sage es dir ehrlich, ich habe ein Jahr gebraucht zu einem Zustand in dem ich sage 'es ist gut händelbar', richtig toll ist es noch lange nicht. Der Weg ist lang, aber er lohnt sich, bzw. muss einfach auch gegangen werden.
Ich drücke ganz fest die Daumen und wünsche Euch viel Geduld, Ihr schafft das!!

[Rumo]

Ich persönlich würde die Bürste nicht zum riesen Thema machen und noch mehr Auseinandersetzung damit fordern, sondern gucken, ob ein Profi im Salon mit seiner ruhigen, routinierten Art es wieder hin bekommt. Der macht einfach, hat sichere Handgriffe und alles dauert nicht so lange wie bei einem zuhause. Meistens reagieren Hunde gerade auf sowas ganz gut. Also alle 3-4 Wochen waschen, föhnen, kämmen und jedes 2.-3. Mal komplett den Hund frisieren.

Mein Terrier hat leider durch eine verpennte Pflegeerziehung lange Probleme gehabt und die kekst sich so richtig hoch, sobald man anfängt mit "Ohhh gucke mal, eine Bürste, die ist gaaanz harmlos!". Dann ist die weg und das Leckerli darf ich gern behalten. Je mehr man ein Heckmeck drum macht, desto schlimmer muss das sein, sonst gäbe es da nicht so einen Aufriss drum.
Nehme ich sie, stelle sie auf den Tisch, mache möglichst ruhig und schnell alles fertig, ist alles durch, bevor sie in Panik ausbricht. Und ich lasse sie da auch gar nicht sich reindenken oder diskutiere rum.

Mit Medical Training habe ich persönlich bisher immer nur die Erfahrung gemacht, dass ein blöder Reiz ausreicht, um wieder bei Null anzufangen. Da übt man Ewigkeiten und wenn es dann doch mal weh tut (egal ob jetzt Tierarzt oder Granne aus dem Ohr raus holen oder sonstiges unangenehmes), ist die Bereitschaft mitzuarbeiten auch wieder dahin. Für mich lohnt sich da nicht das Verhältnis zwischen Training mit Auseinandersetzung mit der Angst und dem tatsächlichen Erfolg.

Langsame, entspannte Gewöhnung würde ich nur bei Hunden machen, die bisher keine negativen Erfahrungen gesammelt haben und aktiv mitarbeiten, um alles in Ruhe entspannt kennenzulernen und eine Routine aufzubauen. Mit Hunden, die schon Stress und Panik und negative Erfahrungen gesammelt haben, komme ich persönlich mit der Einstellung weiter: tja mein Freund, et nützt ja nüscht, da müssmer zsamme durch.

[Rolf]

Vielen Dank euch für eure Tipps, vor allem die von Pat und Rumo haben mir sehr gut getan. Jetzt habe ich wieder ein bisschen Mut gefasst, tut doch immer gut, wenn man nicht so ganz alleine dasteht. Medical Training finde ich extrem mühsam und Clickern ist auch nicht so mein Ding und für Leckerchen ist unser Prinzchen nur zu haben, wenn er Bock drauf hat, er verweigert locker auch mal Roast Beef, wenn er gerade nicht in Stimmung ist. Ich probiere Mal die Bürste auf dem Couchtisch und viel viel Loben. Wir waren ja schon mal wieder sehr weit und werden es auch wieder schaffen, hoffentlich. Die Zeckensaison geht ja langsam zu Ende, das wird helfen, denn Chemie kommt mir nicht an und in den Hund. Irgendwo habe ich gelesen, dass man das Vertrauenskonto wieder auffüllen muss, dann kann man auch wieder abheben, das dauert natürlich...
Falls ihr mögt findet ihr uns auf Instagram unter Prinz Timbo.
Liebe Grüße

[Pat]

Je mehr man ein Heckmeck drum macht, desto schlimmer muss das sein, sonst gäbe es da nicht so einen Aufriss drum.
Nehme ich sie, stelle sie auf den Tisch, mache möglichst ruhig und schnell alles fertig, ist alles durch, bevor sie in Panik ausbricht. Und ich lasse sie da auch gar nicht sich reindenken oder diskutiere rum.

.

Grundsätzlich natürlich auch ein Ansatz.
Ich denke aber das ist sehr Hunde-individuell, ich zB konnte Bobby nicht mehr zum Friseur bringen weil er da noch mehr Theater gemacht hat und sie ihn nicht mehr nehmen wollten, oder ein anderer nur zum doppelten Preis, wieder ein anderer mit 'den krieg ich schon auf Kurs' (ehm, nein Danke).
Auch einfach machen funktionierte bei uns nicht, weil es keine Zeitspanne gab in der er sich hochgeschaukelt hat, sondern die Panik/Aggression sofort da war. Diskutieren würde ich aber auch nicht, einfach nur liebevoll, aber bestätigend weitermachen.

Noch ein Zusatz-Tipp für Timbo: unbedingt vorher auspowern, nicht sooo sehr dass die Stimmung kippt (weil müde und 'drüber'), aber zumindest so, dass er schon etwas platt ist. Und vielleicht, wenn es klappt, auch wenn Euer Ziel langfristig stehen ist, auch mal beim entspannten Liegen bürsten.

[Hauptstadtpudel]

Vielen Dank euch für eure Tipps, vor allem die von Pat und Rumo haben mir sehr gut getan.

Wobei die jeweiligen Empfehlungen ja in verschiedene Richtung gehen

Egal, wofür ihr euch entscheidet - ich wünsche euch viel Erfolg, wäre toll, wenn du hier berichtest, wie es bei euch gelaufen ist.
Das hilft dann vielleicht auch noch mal anderen.

[Rolf]

Ja, verschiedene Richtungen, aber zwei Möglichkeiten, bisher hatte ich überhaupt keine Idee, wie weitermachen.
Es gibt halt Sensibelchen und Rabauken, jetzt würde ich mich wohl auch eher für einen Rabauken entscheiden, aber der Zug ist durch und es ist gut so.
Bei Timbo fängt die Panik auch sofort auf dem Tisch an, auf der Couch im Schlaf kann ich ihn manchmal "erwischen". Das Thema Hundefrisör hatten wir vorher schon durch, sie wollten ihn nicht mehr nehmen und ausserdem haben Mann und Hund beim Abschied geheult, das ging gar nicht. Auspowern ist eine gute Idee.