Krallen schneiden

[txakur]

Autsch, nein! Das Krallen_bein_ ist doch der Knochen.
Beschriftung ist Englisch, ist aber die anatomisch präziseste Abbildung, die ich auf die Schnelle finden konnte. Bin jetzt arbeiten, aber ich schreib gerne hete Nachmittag noch was zur Anatomie im Detail.
https://imgv2-1-f.scribdassets.com/img/ ... 786944?v=1

[Tanja aus Haan]

Ich hab da mal ne Frage zu. Bobby hat ein paar helle, ein paar 2-Farbige (tatsächlich längs gestreift) und ein paar schwarze Krallen.
Bei den hellen sieht man das Leben natürlich gut.


Orientiert an Johannas Beispiel könnte ich hier kürzen (rote Linie). Der Pfeil markiert quasi die Stelle wo die Krallentüte 'zu geht', wo Johanna ihre rote Linie zieht:

In dem Fall schneide ich aber komplett ins Leben rein

Ich könnte daher maximal so kürzen (der Pfeil markiert erneut die Stelle aus Johannas Beispiel)


Ich dremel ja und immer nur recht wenig (auf dem Bild müsste ich mal wieder).
Tue mich bei den schwarzen Krallen immer sehr schwer. Oder hab ich einen Denkfehler und/oder Johannas Anleitung falsch verstanden?

Er ist aber ja auch wahnsinnig empfindlich und ob die von unten so aussehen müssten, wie sie sollen weiß ich auch nicht.

,aber man sieht hier deutlich den Beginn der Krallenproblematik.

Und bei dir und deinem geschulten Auge melde ich mich jetzt deswegen auch nochmal privat, mit einem Foto von der Unterseite

Zunächst dachte ich auch "ist ja viiel zu kurz, wenn ich so schneide ".
Unter Berücksichtigung des richtigen Schneidewinkels wäre es mE aber schon richtig. (?)
So in etwa sähe es dann aus:



Ohne Gewähr! 🫣

[Pat]

Bin jetzt arbeiten, aber ich schreib gerne hete Nachmittag noch was zur Anatomie im Detail.
https://imgv2-1-f.scribdassets.com/img/ ... 786944?v=1

Ohja, bitte. Ich habe gestern nämlich genau sowas gesucht, aber inkl. der beiden Begriffe Bein und Leben
Das rosafarbige was man bei Bobby durchsieht ist das Leben dachte ich? Oder ist das "Leben" nur dünne Adern in diesem Bereich?

Zunächst dachte ich auch "ist ja viiel zu kurz, wenn ich so schneide ".
Unter Berücksichtigung des richtigen Schneidewinkels wäre es mE aber schon richtig. (?)

Okay, ja stimmt (vielleicht ich warte jetzt noch auf den Anatome-Detailbericht von Ulrike ). Aber so nah dran würde ich mich bei den schwarzen (und bei den hellen eigentlich auch nicht) trauen. Es ist hier aber auch sowieso ja ein großes Unterfangen, da will ich kein Risiko eingehen, bin ja froh dass ich da überhaupt dran darf inzwischen.

[txakur]

Die Kralle (resp. der Fingernagel, Huf, Klaue...) ist ja "nur" ein Hautanhangsgebilde - wie die Haut aufgebaut ist, war ja im Biounterricht irgendwann mal Thema, ich frisch' das aber nochmal auf Bild Haut.
Erstmal zu den Begrifflichkeiten, ich schreib auch die in den Abbildungen benutzten englischen Begriffe dazu:
Das Krallenbein (Distal phalanx/Ungual process) ist der "letzte" Fingerknochen (der auch bei uns unter'm Fingernagel sitzt)
Das eigentliche Krallenhorn (claw plate) wird im Kronsaum (auch Saumband) (coronary band) gebildet und die Kralle wird "festgehalten" von einer "Verzahnung" der obersten Hautschicht (Epidermis (Basal layer/dorsal Epidermis)) mit dem Horn. Die Verzahnung ist je nach Tier ganz unterschiedlich, für Hund oder Mensch habe ich keine gute Abbildung gefunden, aber für's Pferd gibt's die: Bildlink Beim Pferd ist die Verzahnung natürlich viel stärker ausgeprägt, weil die Hufe mehrere 100 Kilo Gewicht tragen müssen. Von der Epidermis werden auch „in“ der Kralle (wie bei der normalen Haut auch) verhornende Zellen produziert, die letztendlich die Verbindung mit dem vom Saumband gebildeten Krallenhorn herstellen.

Unter der Epidermis liegt die Dermis, in der auch Blutgefäße verlaufen, sich Drüsen und Haarfollikel befinden usw. Das ist der Teil, der gemeint ist, wenn man sagt "nicht in's Leben schneiden".

Nun ist es natürlich so, dass auch die „weichen“ Strukturen (also Epidermis und Dermis) mitwachsen, wenn die gesunde Kralle zu lang wird. Der „Dermis-Kegel“ im Hundekrallenbild wird also überproportional groß. Kürzt man dann entweder einmal kräftig (Aua/Blut) oder täglich ein bisschen mit dem Dremel, dann „verheilt“ das im ersten Fall und die neue (weggeschnittene) „Haut“ (die’s ja eigentlich ist) liegt dann wieder weiter hinten oder im zweiten Fall „degenerieren“ diese Hautstrukturen (die Dermis soll ja durch die Epidermis geschützt werden und das zieht sich alles zurück) und verlagern sich wieder weiter nach hinten. Ist auf jeden Fall netter so. Das Krallenbein wächst logischerweise nicht mit (bei Pferden kann sich aber das Hufbein durch falschen Beschlag/falsche Bearbeitung verändern, zumeist, wenn durch zu enge Hufeisen die Seitenwände zu stark „zusammengedrückt“ werden – dann verkümmern die recht zarten Seitenflügel des Hufbeines und der Huf bleibt immer „deformiert“, man kann ihn nicht mehr in die eigentlich angedachte Form „zurückzüchten“, denn das Huf-(bzw. Krallen-)bein gibt diese ja vor, da die Haltestrukturen (Dermis, Epidermis) ihm direkt „aufgelagert“ sind).

Im Bild von der Hundekralle gibt es noch einen Teil, der ventral Sole genannt wird. Das finde ich missverständlich dargestellt, weil ja das Krallenhorn bei der gesunden Kralle einmal ganz um das Innenleben herumgeht und unten zusammenstößt. Ich gehe davon aus, dass damit auch einfach die Hornzellen gemeint sind, die von der Epidermis (also nicht im Saumband) produziert werden.

Jetzt zur Pathologie:
Um einen kurzen Überblick zu bekommen, was eigentlich „Lupus“ (wir reden ja von „lupoider“, also lupusartiger, Onychodystrophie (= Onyx griechisch Nagel, dys gr. fehl/schlecht, trophein gr. ernähren/wachsen) einfach mal kurz diesen Wikipedia-Abschnitt lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Lupus_ery ... Entstehung Der bezieht sich auf Lupus beim Menschen, aber es geht ja bloß darum, was da eigentlich so ungefähr passiert.
So, wie sich das bei SLO darstellt, ist offensichtlich zuerst die Epidermis (basal layer) betroffen, die die Verbindung zum durch das Saumband produzierten Krallenhorn nicht mehr herstellen kann. Die Kralle verliert also den Halt und verformt sich (geht unten auf). Hinzu kommt natürlich eine Hebelwirkung beim Laufen: Wenn die Kralle auf dem Boden auftrifft, bewegt sie sich relativ zum Krallenbein, was die Verbindung zwischen Epidermis und Krallenhorn weiter schwächt (und natürlich auch zu Rissen und Brüchen im Krallenhorn führen kann). Ist das Krallenhorn vollständig „lose“, kann auch das Saumband die Kralle nicht mehr halten und sie fällt aus. Anscheinend (meine Interpretation) ist das Saumband selber nicht immer von der lupoiden Immunreaktion betroffen (oder zumindest nicht so stark), denn es wird ja (zumindest war es bei Pepe so) normal stabiles Horn nachproduziert. Es gibt aber wohl auch Fälle, wo das Krallenhorn selber instabil und „krümelig“ nachwächst, da ist dann das Saumband offensichtlich mitbetroffen.
Was man auf den SLO-Bildern bei ausgefallenen Krallen als schuppig/krümelige Struktur sieht, sind die Hornzellen, die von der Epidermis produziert werden und eigentlich die Verbindung zum Krallenhorn herstellen sollten. Sie schützen bei ausgefallener Kralle die Dermis und das Krallenbein, aber natürlich nicht so gut wie eine richtige Kralle.

Wer noch tiefer einsteigen möchte (englisch):
https://veteriankey.com/disorders-of-the-claw/

Und zum Kürzen der Krallen konkret: Immer zusehen, dass man die Dermis nicht mit erwischt. Den richtigen Winkel hat Pat in Türkis eingezeichnet (nie zu steil knipsen/schleifen!), aber wieviel genau man wegnehmen kann und darf hängt natürlich auch von der Länge der Kralle ab.
Ich hab’ mal schnell Tosh eine Kralle gedremelt:


Beim „vorher“-Bild sieht man, dass die Krallentüte schon länger ist als die Verbindung mit der Epidermis. Im „nachher“-Bild erkennt man, wie dick das Krallenhorn (schwarz) eigentlich ist, wieviel „Zwischenraum“ von dem durch die Epidermis produzierten Verbindungshorn (grau) ausgefüllt ist (das ist da vorne ziemlich viel, würde man aber einen richtigen Querschnitt durch die Kralle weiter hinten machen, wäre diese Schicht viel dünner) und ganz in der Mitte erkennt man so einen ovalen Bereich mit etwas hellerem Rand – das ist das Signal, dass man sich dem „Leben“ nähert. Da sollte man – je nach dem, wie lang die Kralle ist und wie lang sie sein sollte – dann entweder aufhören oder (wenn die Kralle insgesamt kürzer werden soll) vorsichtig noch ein kleines bisschen wegschleifen (muss man zwangsläufig üben, wie weit das sein sollte beim jeweiligen Hund – wenn man vorsichtig ist, produziert man keine fiesen Verletzungen, es kann aber möglich sein, dass man doch mal ein kleines Blutgefäß verletzt).
SLO-Krallen sollte man auf jeden Fall so kurz wie irgend geht halten (da kommt man ums Ausprobieren leider nicht herum), um die zusätzliche Belastung durch Hebelwirkung zu minimieren. An dieser Stelle kommt auch wieder der super Tipp, den Sammy-Jo mal gegeben hat, zum Tragen: kranke Krallen mit Klauenband für Schafe tapen. Das vermindert das Auseinanderflügeln der Seitenwände und sorgt für bessere mechanische Stabilität.

Habe feddisch.
Noch Fragen? Meldet Euch bitte, wenn da irgendwas unklar formuliert ist, ich hab's einfach im "Fließtext" runtergeschrieben...

[jojojojobounty]

Du hast genau das nochmal beschrieben und aufgedröselt, was ich meinte!
Danke!!

Was ich sagen wollte: wenn man von unten schaut, sieht man diese Schichten und kann dann eben gut kürzen, ohne ins Leben zu schneiden, aber auch ohne nur die Krallentüte zu schneiden, obwohl mehr nötig wäre (und möglich wäre…).

[Pat]

Vielen vielen Dank für die Aufdröselung der Anatomie!

Aus den Bildern werde ich immernoch nicht ganz schlau, aber zum Glück gibts hier ja auch ein paar helle Krallen, die nutze ich immer als Referenz. Mit ganz-schwarz wäre ich überfordert, nachwievor.
Aber ich hab hier einen guten Rhythmus und eine gute Krallenlänge, also lautet bei mir die Devise auch einfach nur den Status Quo aufrecht zu erhalten.

Trotzdem fand ich den Exkurs in die Anatomie sehr aufschlussreich, vor allem auch im Hinblick auf zB potenzielle Wo-auch-immer-herstammende- Verletzungen oder was auch immer mal so mit den Krallen passiert. Und natürlich um bei anderen Menschen mal ein bisschen klugscheißen zu können

[Tanja aus Haan]

Erstmal VIELEN Dank für Deine Mühe, Ulrike!

[Iska]

Ja, vielen Dank für Deine Ausführungen

Morris Krallen wachsen leider sehr schnell und da er dremeln so gar nicht mag, muss ich auch immer mit der Krallenzange dran gehen…

[Sämi2]

Wow danke für die fachlichen Informationen
Wir haben vor Kurzem zum Krallen Dremel gewechselt und damit schleift es sich deutlich besser als mit meinem vorherigen Gerät. Bei Mayle schleife ich ca 3 mal die Woche in kurzen Sequenzen und habe damit eine deutliche Zustandsverbesserung erreicht. Wir haben sie mit viel zu langen Krallen übernommen. Bei Mio muss ich sehr selten an die Krallen, nur die Daumenkrallen werden öfters geschliffen.

[Isi]

Könnte noch jemand was zur Omega3-Dosierung sagen, wenn man vorbeugen bzw. mal „kuren“ will?


Ich knipse ca. alle 2 Wo bei Greta die Krallenspitzen an den Vorderbeinen ab. Sie hat helle Krallen, das vereinfacht es natürlich sehr. Spätestens wenn ich die Krallen klackern höre, knipse ich - danach läuft sie wieder leise. Was wenige mm doch ausmachen können!

Sie hat Heckantrieb - deshalb ist hinten ist kein Krallenschneiden nötig, wetzt sie von alleine ab

Wir machen das oft im Stehen im Flur, bevor wir Gassi gehen. Ein Träumchen, dass Greta das so gelassen mitmacht!
Joy brauchte am Schluss dafür einen Maulkorb, es war schrecklich, sie wurde zur Furie. Ich hab ihre Krallen dann mit MK vom Hundefrisör schneiden lassen, ich konnte sie gar nicht mehr bändigen. Die Hundefrisörin hat es Zack-zack hingekriegt, bevor Joy komplett durchdrehte. War alle 14 Tage nötig.
Sie lief sie erst im Alter nicht mehr ab.
Als sie anfangs zu mir kam, hab ich sie länger einkürzen müssen, aber danach war kein Schneiden mehr nötig - bis sie ca. 14 war, ab da war es nötig und sie wehrte sich leider völlig kopflos. Einmal biss sie mir dabei in den Hals Danach kam dann der Drahtmaulkorb plus Gang zum Hundefrisör.

Ich denk, der Abrieb beim auf Asphaltlaufen in der Stadt ist größer als auf weichem Waldboden. Neben dem individuellen Krallenwachstum.