Nun ist das bei diese Hundedichte in Berlin klein besonders angenehmer Zustand und ich trainiere seit ewigen Zeiten dagegen an (gegen die Leinenpöbelei und das territoriale Verhalten) - mit mäßigem Erfolg.
Ziel war es, dass Bolle ein Alternativverhalten (mich anzuschauen) erlernt. Das hat nicht wirklich geklappt. Gearbeitet habe ich mit positiver Verstärkung.
Ein Kastrationschip brachte lediglich eine "Dämpfung" dieses Verhaltens.
Anfang August erzählt mir Freundin Anne von Raik Labjon .
Sie leiht mir zunächst das eine Buch "Praxis Hundeerziehung - aus dem Alltag eines Hundetherapeuten" (https://www.perfectdogs.de/produkte/pra ... erziehung/) aus, das ich mit zunehmenden Interesse lese.
Dann folgt "Das Alpha-Projekt" (https://www.perfectdogs.de/produkte/das-alpha-projekt/), der Titel gefällt mir nicht und ich bin nach Gesprächen mit Anne, die weiterhin angetan ist, skeptisch.
Anfangs sträubt sich alles in mir gegen das, was ich dort lese.
Doch es bringt mich zum Nachdenken und es ist schlüssig was da steht.
So fange ich an, nach "Raik" zu trainieren, besser zu erziehen...
Hintergrund:
Dass Bolle sich so aggressiv in seinem Viertel und an der Leine zeigt, hängt damit zusammen, dass er sein vermeintliches Revier verteidigen will (ich tue das in seinen Augen nicht und erhebe auch gar keinen Anspruch darauf).
Jeder andere Hund ist ein Konkurrent und soll verschwinden.
An der Leine ist er eingeschränkt und umso aufgeregter und aggressiver.
Meine Einschätzung:
Tja, das war mir auch schon vorher klar.
Der macht da einen Job, den er nicht machen soll (der ihn auch zu überfordern scheint) , ist unfähig irgendein alternatives Verhalten zu zeigen (z.B. mich anzuschauen) und hat diese Verhalten nun auch über lange Zeit ritualisiert.
Ich möchte nicht, dass er diesen Job macht - aber wie sage ich es dem Hunde???
Wie kann ich ihm das begreiflich machen?
Indem ich das Revier für mich beanspruche!
Und das bedeutet:
a) Bolle schnüffelt nicht mehr rum (er kann sich somit nicht mehr über die Konkurrenz im Revier informieren), braucht er auch nicht, ist ja ab jetzt MEIN Revier.
b) Bolle markiert nicht mehr, hinterlässt also keine "Ansagen" an die Konkurrenten. Was einem nicht gehört, markiert man auch nicht als seins...
Anfangs sträube ich mich bei der Lektüre - einen Hund nicht schnüffeln lassen, dieses absolute Nasentier? Das ist doch schrecklich!
Das mit dem Markieren sehe ich weniger dramatisch.
Konkrete Maßnahmen:
Das Schnüffeln verhindere ich dadurch, dass ich meinen Fuß auf den interessanten Fleck stelle (und zwar immer) und ihn damit für mich beanspruche.
Das Markieren verhindere ich auch durch körpersprachliche Signale, ich gehe einen Schritt auf ihn zu, wenn ich merke, er will gleich das Bein heben.
Es gibt zwei unbedeutende Stellen (keine Ecken, keine im weitesten Sinne Eingänge) da darf er.
Wie reagiert nun der Hund darauf?
Bolle tut mir den Gefallen und schaut mich daraufhin verwundert an (wie von Raik Labjon beschrieben)- dann gibt es Futter!
Überhaupt gibt es jetzt viel Futter draussen, weil jedes erwünschte Verhalten belohnt wird.
Ansonsten läuft Bolle nun hinter mir, zunächst immer angeleint.
Damit er hinter mir bleibt, schicke ich ihn körpersprachlich hinter mich (ich drehe mich zu ihm um).
Denn wenn er vor mir läuft, meint er gleich, er müsste wieder was regeln oder abchecken - das mach ich jetzt aber und schicke ihn körpersprachlich hinter mich.
Innerhalb kürzester Zeit hat er verstanden, wie es jetzt bei uns läuft.
Es reicht eine kleine Andeutung einer Drehung zu ihm hin, er unterlässt Schnüffeln, Markieren und das Nachvornedrängen.
Dass die Bortschaft angekommen ist, merke ich nach kürzester Zeit (vielleicht zwei Tage), er pieselt minutenlang an die erlaubte Stelle.
Eine erfreuliche "Nebenwirkung", die Leinenführigkeit verbessert sich enorm, man kann problemlos zu zweit gehen, er läuft nicht mehr auf der Suche nach einer Spur in den Weg.
Er läuft - zugegeben etwas gelangweilt - hinter mir her, aber dicht bei mir. Und Langeweile? - Naja, man könnte es auch Entspannung nennen...
Und das alles passiert ohne ein Wort!
Anfangs habe ich noch Probleme damit, aber auch ich lerne und werde von Mal zu Mal stiller - und genieße es!
Was mache ich bei Hundebegegnungen?
Bolle muss hinter mir bleiben, natürlich will er nach vorne und das in bewährter Art. Auch hier schicke ich ihn körpersprachlich nach hinten.
Hier zeigt er sehr viel weniger Bereitschaft ins zweite Glied zurückzutreten, er fängt auch an, mich anzubellen.
Aber er schafft es mich anzuschauen, kurz die Klappe zu halten und wird belohnt.
Nach einiger Zeit können wir an "langweiligen" Hunden gut vorbei, die Erzrivalen sind weiterhin eine Herausforderung, bei denen, die dazwischen liegen, wird es besser, z.T. bremst er voll in der Bewegung ab und reisst regelrecht den Kopf hoch um mich anzuschauen.
Aber frontal und "enthusiastisch" auf uns zulaufende Hunde sind schwer für ihn auszuhalten, selbst wenn sie keinerlei Aggression zeigen.
Ein weiteres Problem sind die Hunde im Freilauf.
Ich tue mich schwer sie abzublocken, da muss ich unbedingt besser werden, denn sonst überlässt mir Bolle diesen Job nicht (zu recht...).
Schön ist es Sybille (Fani Flausch)

Solange ich da nicht sicher bin, vermeide ich diese Begegnungen, leine Bolle an und gehe aus dem Weg.
Freilaufend gibt es Begegnungen mit bekannten Hunden, die man von kurzen Begegnungen her kennt, fremden Hunden gehen wir aus dem Weg, Bolle wird angeleint und wir gehen beiseite.
Spielen und Toberei nur mit gut bekannten Hunden.
Momentan sieht unser Alltag so aus:
Im Kiez bleibt er immer angeleint, ausser wir trainieren (Dummy) vorm Schloss auf den Wiesen oder machen Suchspiele im Schlossgarten.
Bei unseren "Gängen" läuft er frei, bei unüberschaubarem Gelände hinter mir, sonst auch mal voraus.
Wir treffen uns weiterhin mit den Hundekumpels und da darf auch mal gerannt werden, aber nachdem ich gemerkt habe, dass jetzt ein deutlicher Unterschied besteht, zwischen unseren Gängen und den Gruppenrunden, werde ich da auch noch konsequenter sein.
Denn inzwischen ist es so, dass mein Großradiusläufer sich nicht mehr als drei Meter von mir entfernen mag. Es sei denn, wir sind zu mehreren unterwegs, dann fängt er wieder mit der Vorlauferei an.
Nach wie vor denke ich, dass auf die Probleme unserer Hunde (oder was wir dafür halten - an sich ist Bolles Verhalten durchaus natürlich, nur eben leider bei unseren Lebensumständen entsteht ein "Problematik") individuell eingegangen werden muss.
Mir hat die Lektüre der Bücher sehr geholfen und ich wollte euch daran teilhaben lassen.
Die deutliche Körpersprache, kombiniert mit der positiven Verstärkung hat bei uns zu einer besseren Verständigung geführt, auch wenn wir (noch?) nicht alles erreicht haben, habe ich und auch Bolle große Fortschritte in recht kurzer Zeit gemacht.
Eine Freundin von mir meinte letztens :Wo ist dein Hund?, als wir eine kleine Strecke gingen und von Bolle überhaupt nix zu spüren war...
